Reallabor in Schwarze Pumpe beschlossen / Wasserstoff-Speicherkraftwerk soll errichtet werden
Der Zweckverband Industriepark Schwarze Pumpe (ZV ISP) errichtet in Kooperation mit den Unternehmen Energiequelle GmbH und ENERTRAG sowie der Universität Rostock bis 2024 ein Wasserstoff-Speicherkraftwerk am Industriestandort Schwarze Pumpe.
Das Reallabor Referenzkraftwerk Lausitz (RefLau) ist einer der Gewinner des Ideenwettbewerbs „Reallabore der Energiewende“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Das Kraftwerk am Industriepark Schwarze Pumpe soll unter ausschließlicher Nutzung erneuerbarer Energien die Möglichkeiten der Sektorenkopplung aufzeigen und neue Wertschöpfungspotenziale erschließen. Dabei soll grüner Wasserstoff für die Nutzung in den Sektoren Verkehr, Industrie und Wärme erzeugt werden. Zudem ist der Nachweis zu erbringen, dass ein Kraftwerk auf der Basis von 100 Prozent erneuerbarer Energien in der Lage ist, alle Systemdienstleistungen zu gewährleisten, die derzeit von konventionellen Kraftwerken bereitgestellt werden. Projektpartner des Zweckverbandes sind die Unternehmen Energiequelle GmbH und ENERTRAG sowie die Universität Rostock, die vom Steinbeis Transferzentrum, das sich der Angewandten Forschung in der elektrischen Energietechnik widmet, unterstützt wird.
Das Projekt Referenzkraftwert Lausitz (RefLau) bezieht Brandenburg und Sachsen übergreifend ein und ist Bestandteil der Wasserstoffstrategie beider Länder sowie des Bundes. Nach mehrjähriger Projektentwicklung wird nun im August 2021 die Referenzkraftwerk Lausitz GmbH gegründet, welche für die Vorbereitung, Umsetzung und Inbetriebnahme des Speicherkraftwerkes verantwortlich zeichnet.
Die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung ist mit positivem Ergebnis abgeschlossen, die Planung ist fixiert und die Anträge zur Förderung stehen kurz vor Fertigstellung.
Die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeitdes Wirtschaftsstandortes Lausitz ist der Fokus des Projekts RefLauund soll mit einem Speicherkraftwerk umgesetzt werden. Langfristige Zielsetzung ist es, Anlagen mit einer hochskalierten Erzeugerleistung im dreistelligen Megawatt Bereich (> 100 MW) auch an anderen Industrie- und Kraftwerksstandorten zu realisieren. Denn das Vorhaben in Schwarze Pumpe ist als Prototyp konzipiert.
Neben der stromseitigen Verwertung wird RefLau auch im Bereich der Sektorenkopplung eingesetzt werden. Dies umfasst insbesondere die regionale und überregionale Vermarktung der CO2-freien Wärmeenergie über das Fernwärmenetz sowie Wasserstoff für den Personen- und Schwerlast-Verkehr aber im Besonderen für den Wasserstoffbetriebenen Schienenverkehr. RefLau wird auch dann Strom liefern können, wenn in Phasen der Dunkelflaute zu wenig Energie aus Wind- und Photovoltaikanlagen als Energieträger zur Verfügung steht.
Der Wasserstoffversorgung im Lausitzer Raum wird das RefLau als Speicherkraftwerk mit rund 10 MW Leistung gerecht werden. Das Projektkonsortium hat umfangreiche wirtschaftliche Berechnungen durchgeführt und geht davon aus, dass die modulare Bauweise mit dieser Leistung in den nächsten Jahren wirtschaftlich betrieben werden kann. Eine Erweiterung wird erst 2029/2030 notwendig. Dazu wird auch das europäische IPCEI-Projekt „Wasserstoffcluster Ost-Brandenburg“* beitragen, dass eine Nord-Süd-Trasse, an die auch der Industriepark Schwarze Pumpe angebunden wird, plant. Der RefLau-Projektpartner ENERTRAG ist hier ebenfalls federführend beteiligt: „Mit dem Referenzkraftwerk werden wir zeigen, dass die Erzeugung erneuerbaren Stroms verstetigt und die Lausitz Modellregion für erfolgreichen Strukturwandel werden kann“, so ENERTRAG-Vorstand Dr. Gunar Hering. „Wir freuen uns darauf, mit unseren Partnern starten zu können und dabei unsere Erfahrung in der Produktion von grünem Wasserstoff einzubringen.“
In der Absatz-Strategie des RefLau spielt die Versorgung der im Strukturwandel umzurüstenden Bahnstrecken auf Wasserstoffantriebe eine dominante Rolle. In den laufenden Abstimmungen zur Vorbereitung von Lieferverträgen mit regionalen Stadtwerken, Betreibern des öffentlichen Nahverkehrs sowie der Industrie und der Wärmeversorgung gibt es bereits umfangreiche Anfragen und Angebote von regionalen und überregionalen Gasversorgern zum Einsatz von Wasserstoff.
Mit den Planungen für das RefLau ist bereits ein regionales Planungsunternehmen aus Cottbus/Dresden beauftragt. Die Anlaufberatungen zu den umfangreichen Genehmigungsverfahren mit den Behörden des Landes Brandenburg und des Freistaats Sachsen haben im Juli 2021 begonnen.
Die Grundsteinlegung für die Anlagen ist für das zweite Halbjahr 2022 vorgesehen. Das Speicherkraftwerk soll dann 2024 in Betrieb genommen werden. Ergänzt werden wird es mit einer Wasserstofftankstelle und einer Trailer-Abfüllstation mit eigenen Trailern zur Versorgung von externen Nutzern.
Zurzeit werden die ersten Vereinbarungen der Bereitstellung von erneuerbaren Energien mit Betreibern von Photovoltaik- und Windanlagen vorgenommen. Das bedeutet, dass für die Versorgung des RefLau in den nächsten drei Jahren weitere Kapazitäten zur Versorgung mit erneuerbaren Energien in der Region errichtet werden müssen. Hier gibt es bereits Abstimmungen mit den regionalen Planungsverbänden des Landes Brandenburg und des Freistaates Sachsen.
„Es bleibt eine Herausforderung, rechtzeitig bis zur Inbetriebnahme die benötigte Erzeugerleistung aus Wind und PV-Anlagen zu installieren. Aber wir sind optimistisch mit Unterstützung der Region termingemäß das Planungsrecht zu erhalten“, so René Just vom Projektpartner Energiequelle GmbH.
Das Bundeswirtschaftsministeriumhat die Bereitstellung von Fördermitteln bestätigt, so dass die Projektgesellschaft in die Umsetzung des Vorhabens eintreten kann. Der Antrag auf Ausreichung der Fördermittel für das Projekt wird Mitte September 2021 eingereicht. Der Bund stellt insgesamt 30 Mio. Euro Förderung in Aussicht.
Die Gesamtinvestition wird etwa 50 Mio. Euro betragen. Darin enthalten ist das Forschungsprojekt „Rückverstromung von Wasserstoff zur Erzeugung von Elektroenergie und Stabilisierung der elektrischen Leitungsnetze“, welches zu 100 Prozent förderfähig ist. Der Part Rückverstromung wird durch die Universität Rostock errichtet, die das Patent der Innovativen Rückverstromungstechnologie über Hochleistungsbrennstoffzellen besitzt. Im Gesamtkonzept der wissenschaftlichen Arbeit zum Speicherkraftwerk ist auch der Einsatz von reinen Wasserstoffturbinen vorgesehen. Hier gibt es bereits Abstimmungen mit renommierten Turbinenherstellern.
Prof. Dr. Harald Weber, Institut für Elektrische Energietechnik, Universität Rostock:
„Im Projekt RefLau soll prototypisch ein Wasserstoff-Speicherkraftwerk errichtet werden, welches im Prinzip wie ein Wasser-Speicherkraftwerk oder Pumpspeicher-Kraftwerk funktioniert. Im Unterschied zu vielen anderen Wasserstoff-Projekten ist dieses jedoch darauf angelegt, auch aktiv an der Regelung des elektrischen Energieversorgungs-Systems (Netzwerk) teilzunehmen.
Der Zweckverband industriepark Schwarze Pumpe zeigte als Erster vitales Interesse an dieser innovativen Herangehensweise unserer Forschungen und war bereit, intensiv mitzuwirken.
Wir beteiligen uns an RefLau auch deshalb, weil hier die reale Möglichkeit besteht, zusammen mit der Industrie praktisch nachzuweisen, dass diese Technologie funktionieren kann.
Was beim in Schwarze Pumpe zu errichtenden Prototypen von 10 MW Gesamtleistung mit 1 MW Rückverstromungsleistung geht, kann man idealerweise später auch bis zu 100 oder gar 500 MW hochskalieren. Dadurch bestünde dann die Möglichkeit, mittels dieser neuartigen Speicherkraftwerke dezentral an verschiedenen Standorten Deutschlands (und darüber hinaus) Energie nicht nur zu speichern, sondern auch wieder ins Netz rückzuspeisen. Diese Energie könnte dann vorzugsweise vor Ort verbraucht werden. Das würde einen weiteren teuren Netzwerkausbau ersparen. Die Energie bleibt also da, wo sie erzeugt wird, und nimmt darüber hinaus auch aktiv an der sogenannten Sektorenkopplung teil. Damit könnten dann auch die Sektoren Verkehr und Wärme mitversorgt werden. Unser Systemkonzept soll zudem eine bis zu zwei Wochen andauernde Dunkelflaute überbrücken helfen. Es geht also vor allem auch um Versorgungssicherheit - eines der stärksten Argumente für potenziell ansiedlungswillige Investoren.“
Christine Herntier, Bürgermeisterin von Spremberg und Verbandsmitglied im ZV ISP: „Das Referenzkraftwerk Lausitz leistet einen wichtigen Beitrag zum Thema Speicherung von erneuerbaren Energien und trägt somit zum Gelingen der Energiewende bei.“
Manfred Heine, Bürgermeister von Spreetal und Verbandsvorsteher des ZV ISP: „„Das Projekt soll der Lausitz Aufmerksamkeit verschaffen und Basis für neue Industrie und der Ansiedlung von Unternehmen sein. Außerdem trägt es zu Wertschöpfungsketten der Herstellung von Kraftstoffen aus Wasserstoff bei.“